Umbrien ist eine Region, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und in der die Traditionen gekonnt bewahrt und seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Um die Region genau kennenzulernen reicht es aus, eines jener Produkte zu probieren, das am besten die lange und geduldige bäuerliche Tradition widerspiegelt: natives Olivenöl extra.
Das „grüne Gold“ wird in Umbrien seit über 2.000 Jahren gewonnen. Wahrscheinlich von den Phöniziern in der Magna Grecia eingeführt, war die Olivenpflanze rund um das 6. Jahrhundert v. Chr. bereits im Großteil der italienischen Halbinsel verbreitet. Danach waren es die Etrusker und vor allem die Römer, die der Entwicklung dieser Art des Anbaus einen starken Impuls verliehen; es reicht aus zu bedenken, dass im imperialen Zeitalter die Verbreitung an Olivenplantagen ähnlich der heutigen war.
Die Römer verwendeten das Olivenöl für verschiedenste Zwecke: für die Beleuchtung, für heilige Riten, in der Kosmetik, um den Körper der Soldaten während Kämpfen gegen die Kälte zu schützen und natürlich für die Ernährung. Die Römer waren derart spezialisiert auf die Kunst der Ölherstellung, dass sie dem Produkt abhängig von seiner Qualität unterschiedliche Namen gaben, darunter: oleum ex albis ulivis für besonders hochwertiges Öl, das aus grünen Oliven gepresst wurde, oleum maturum für Öl aus bereits schwarzen und reifen Oliven und oleum caducum für Öl aus vom Boden aufgelesenen Oliven von schlechterer Qualität, oleum cibarium für Öl der schlechtesten Qualität, das aus Oliven gepresst wurde, die von Parasiten befallen waren, und den Sklaven verabreicht oder für andere Zwecke genutzt wurde.
Während der dunklen Jahrhunderte, die auf den Zerfall des Römischen Reichs (476 n. Chr.) folgten, wurde der Anbau der Oliven nach und nach aufgegeben. Dieser Trend hielt bis zum 11. Jahrhundert an. Rund um das Jahr 1.000 begannen die grünen Hügel in Umbrien und der Toskana erneut im Silber der Olivenbäume zu erstrahlen, fast wie in der Vergangenheit. Ein Großteil dieses Verdienstes ist den Mönchsgemeinschaften zuzuschreiben, die dank der Aufbereitung von sumpfigem Boden zur Entstehung neuer Oliven- und Weinplantagen beitrugen und somit die Landwirtschaft stärkten. Die Flächen, die Klöster, Städte und Schlösser umgaben, erschienen so zauberhaft wie heute noch und füllten sich mit geradlinigen Pflanzenreihen, quasi perfekt rechteckigen Feldern und der typischen Silberfarbe der Olivenblätter. Wahrscheinlich entstand auch zu diesem Zeitpunkt die großartige Tradition des Olivenöls in Umbrien, zu Recht eines der besten nativen Olivenöle extra (EVO) in ganz Italien, aufgrund seiner organoleptischen Eigenschaften: Die zahlreichen Anerkennungen vieler Unternehmen aus Umbrien sind auch ein eindeutiger Beweis dafür.
1998 war Umbrien die erste italienische Region, die von der Europäischen Union die Marke „mit geschützter Herkunftsbezeichnung“ (ital. Abkürzung = DOP) für natives Olivenöl extra aus der gesamten Region erhielt. Genauer ist die Marke DOP Umbria in fünf Unterkategorien oder geografische Gebiete aufgeteilt, die sich aufgrund ihres Mikroklimas und der angebauten Sorten voneinander unterscheiden:
- Colli Assisi Spoleto, der größte Bereich, nimmt den gesamten östlichen Streifen der Region bis in den Süden ein, hier entsteht ein Öl mit intensiven Kräuternoten und herausstechenden bitteren und scharfen Noten;
- Colli Martani, nimmt den zentralen Bereich der Region ein, hier entsteht ein fruchtiges Öl mit mittelstarken Kräuternoten und angenehm bitteren und scharfen Noten;
- Colli Amerini, der kleinste Bereich, im Süden der Region, hier entsteht ein Öl mit mittleren bis leichten Fruchtnoten und Akzenten von Artischocke, die dem Geschmack eine angenehme Bitterkeit verleihen;
- Colli del Trasimeno, nimmt den Bereich in der Nähe des Trasimenischen Sees ein, im Nordosten der Region, hier entsteht ein Öl, dessen leichte Frucht- und frischen Kräuternoten geschätzt werden, wohingegen sein Geschmack ausgeglichen ist und über leicht bittere und scharfe Akzente verfügt;
- Colli Orvietani, im zentral-östlichen Bereich der Region gelegen, hier entsteht ein Öl mit mittleren Frucht- und Kräuternoten, die zusammen mit harmonischen, bitteren und scharfen Akzenten wahrgenommen werden.
Um noch tiefer in diese alten Traditionen einzutauchen, sollten Sie unbedingt Trevi besuchen. Dieser wunderbare mittelalterliche Ort, der zwischen den Olivenbäumen der alten Via Flaminia in der Mitte zwischen Spoleto und Foligno liegt, ist in ganz Italien für seine alte Öltradition bekannt. Nicht versäumen dürfen Sie das Museum Museo della civiltà dell’Ulivo im Inneren des ehemaligen Klosters zum Hl. Franziskus, ein wunderbares Gebäude aus dem 13. Jahrhundert, das im 19. Jahrhundert von Giuseppe Valadier restauriert wurde. Ein weiteres Muss in der Nähe von Trevi, genauer im Ortsteil Bovara in der Nähe der Benediktinerabtei, ist der Baum „Olivo di Sant’Emiliano“, der als der älteste Olivenbaum Umbriens gilt. Er ist geschützt und erhielt den Namen Emiliano weil der Bischof von Trevi, der denselben Namen trug, vor über 1.000 an diesem Baum festgebunden und danach enthauptet wurde. Trevi ist auch eine der Etappen des Olivenweges, ein wunderbar natürlicher Wanderweg, der ausschließlich den Olivenbäumen gewidmet ist und zwischen den Hügeln, die Assisi mit Spoleto verbinden, verläuft. Entlang des Weges sind auch die „Case Olivate“ anzutreffen. Dabei handelt es sich um Wohnhäuser aus dem 16. Jahrhundert, die während der Ernte als Unterkünfte genutzt wurden.