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Basilica di San Francesco e Sacro Convento

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Es war im Sommer 1228, nicht einmal zwei Jahre nach seinem Tod, als Franziskus von Assisi heilig gesprochen wurde. Er hatte die besten Voraussetzungen, um einer der weltweit bekanntesten Männer und Heiligen zu werden. Frate Elia, Generalminister des Franziskanerordens, hatte einen schweren Konflikt mit seinen Mitbrüdern auszutragen. Er war der Meinung, dass ihr Lehrer in der Kirche eine enorme, unüberwindbare Leere hinterlassen hatte. Die Erinnerung an seine Werte und seine Gesten musste bis zum Tag des jüngsten Gerichts an die Nachkommen weitergegeben werden und über die Zeit durfte kein bisschen der Herrlichkeit und der Bedeutung dieses Reichtums verloren gehen. Zeit zerstört alles, das wusste Elia ganz genau. Aus diesem Grund war es unbedingt erforderlich die Regel, also den Willen von Franziskus selbst, zu brechen, die dem Orden Demut, Armut und die Verweigerung von Geld, außer „für die Bedürfnisse von Kranken und zum Bekleiden weiterer Ordensbrüder” auferlegte. Elia war bewusst, dass zur Aufrechterhaltung der außergewöhnlichen Botschaft von Franziskus über die Zeit diese Botschaft anhand der Schönheit und Großartigkeit seines Mausoleums vermittelt werden musste – dieselben Eigenschaften, mit denen die Tempel, Grabsteine und Erinnerungen großartiger Menschen aus der Antike für uns erhalten geblieben sind. Die Untreue zur Regel und in gewisser Weise auch zu seinem Meister erfüllte Elia mit Schmerz, aber dennoch war er davon überzeugt, dass dies der einzig richtige Weg war. Und so war es auch. Wer die Basilica di San Francesco mit ihrer Meisterhaftigkeit und ihrer wunderbaren Dekoration bestaunt sollte auch daran denken, dass sie das Ergebnis der spirituellen Anstrengung und der Beharrlichkeit eines Mannes mit enormer Verantwortung sind, der stets mit sich selbst und anderen in Konflikt war.

Zwei Jahre später war die untere Basilika bereits in einem sehr guten Zustand, denn es wurde der Beschluss gefasst, den Leichnam des Heiligen im Inneren dieser Basilika unterzubringen, der bis dahin in der Chiesa di S. Giorgio (Kirche zum Hl. Georg) untergebracht war, an deren Stelle sich heute die Basilica di Santa Chiara erhebt. Betreffend den Bau der oberen Basilika herrscht im Hinblick auf die Daten mehr Unsicherheit, aber die letzten Nachbearbeitungen wurden im Jahr 1267 gemacht. Das Gebäude, das aus zwei getrennten Kirchen, die übereinander angeordnet sind, sowie aus dem Sacro Convento (Mutterkloster des Franziskanerordens) besteht, wurde nach dem Willen von Franziskus – der in diesem Fall respektiert wurde – auf einem Hügel errichtet, der gemeinhin als Colle Inferno (Höllenhügel) bezeichnet wurde. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Hügel vor der Errichtung der Basilika ein düsterer Vorstadtbereich war, der für Hinrichtungen genutzt wurde. Sobald der erste Stein für den Bau der Basilika gesetzt wurde, nannte man den Hügel Colle Paradiso (Paradieshügel) umbenannt.

Die Errichtung der Basilika zog Künstler und Baumeister aus aller Welt an. Frate Elia wollte wie bereits erwähnt nur das Beste und so wählte er für den Bau nur das damals modernste am Markt verfügbare Baumaterial aus. Er vergab den Auftrag an die Maestri Comacini (privilegierte langobardische Bauhandwerker), die in großer Zahl von Norditalien herkamen, um sich zur Gänze der Basilika zu widmen. Sie sorgten für eine noch nie dagewesene Innovationswelle. Zum Beispiel importierten sie aus Europa die Verwendung des gotischen Baustils. Die Basilika war eines der ersten Bauwerke in Mittel- und Süditalien, für das die gotische Architektur mit dem vorherrschenden Stil der damaligen Zeit, dem romanischen Stil, vermischt wurde. Aber wie kann der gotische Einfluss erkannt werden?

Wenn wir an den Mailänder Dom denken, der ein klassisches Beispiel für gotische Architektur ist, und ihn mit der Basilica di S. Francesco vergleichen, werden wir bestimmt nicht viele Übereinstimmungen finden. Tatsächlich liegt die „Gotik” der Basilika nicht in ihrer flachen, breiten und mächtigen Bauweise, die jener romanischer Kirchen entspricht, sondern in den architektonischen Besonderheiten. Beispielsweise die Ausführung des Gewölbes und der Fenster in Form von Spitzbögen; die Rippen, also jene Elemente, die sowohl dekorativ als auch strukturell sind und das Gewölbe in gleichmäßige Teile unterteilen – im Fall der Basilika vier – und Deckensegel genannt werden; das Vorhandensein von Rosetten an der Fassade sowie der enormen Lichtfenster, die zu den ältesten der Welt gehören. Diese Elemente sind ein unvergleichliches Zeichen für den gotischen Einfluss. Die Maestri Comacini, die während der langen Bauphase der Basilika nach Assisi gekommen waren, mussten sich sehr wohl gefühlt haben, denn einige von ihnen ließen sich hier nieder und beteiligten sich an der Errichtung anderer Gebäude, um so ihr Zeichen in der Stadt zu hinterlassen. Bei einem Spaziergang durch Assisi ist an den Fassaden und Stürzen das Wappen der Vereinigung zu finden, das aus einem offenen Kompass mit einer Blume oben besteht. Beispielsweise ist dieses Wappen am Sturz der Loggia de Comacini in der Via S. Francesco zu finden, die von der Basilika zum Platz Piazza del Comune führt. Im 15. Jahrhundert blühte der Kult um den Hl. Franziskus richtig auf und anstelle des vor dem Basilika befindlichen Hofes wurde der heutige Platz errichtet, um während der Feierlichkeiten zu Ehren des Heiligen die große Anzahl an Pilgern zu beherbergen. Diese enorme Menschenmenge zog eine weitere große Menge an Händlern und Verkäufern an, die mit ihren Marktständen den Platz bis in das Innere der unteren Basilika einnahmen. Der Papst ordnete daraufhin auch die Umgestaltung des Platzes vor dem Tor zur unteren Basilika an, die so auf geordnete Weise Platz für den Markt unterhalb der Bogengänge bot.

Aus Angst vor Grabplünderern oder überschwänglichen Gläubigen, die auf der Suche nach Reliquien waren, wurden die sterblichen Überreste von Franziskus an einer sehr tiefen Stelle begraben, deren genaue Position entweder aufgrund der seit dem Begraben vergangenen Zeit oder wegen des Geheimnisses, das nicht preisgegeben werden durfte, schnell vergessen wurde. Im Jahr 1818 gab der Papst die Untersuchung des Gebiets unter dem Altar der unteren Basilika in Auftrag und in der 52. Nacht der grabungsarbeiten, als alle schon die Hoffnung verloren und anzweifelten, ob Franziskus wirklich hier begraben war, traf die Spitzhacke eines Arbeiters auf ein hartes Stück Granit. Endlich wurde die Grabstätte des Heiligen gefunden.

Im darauffolgenden Jahr wurde Assisi so stark wie nie zuvor und nie danach von Pilgern überströmt. Um dem Heiligen Ruhm und Würde zu erweisen und seinen Leichnam unterzubringen, wurde die Krypta unterhalb der unteren Basilika errichtet. Der bereits komplizierten Schichtarchitektur der beiden Kirchen wurde eine weitere Ebene hinzugefügt.

 

Wer die beiden Basiliken besucht, nimmt selbstverständlich die unterschiedliche Atmosphäre wahr, die die beiden Gebäude belebt: Die untere Basilika mit der unterirdischen Krypta ist dunkler, drückender und besinnlicher, wohingegen die obere Basilika entschlossen heller, anmutiger und ruhmreicher ist. Es gibt einen genauen Grund, den mit großer Wahrscheinlichkeit Frate Elia bei der Planung des Bauwerks nutzte. Die untere Basilika musste dem irdischen Leben des Heiligen genutzt werden, das aus Opfern und Entbehrungen bestand; die obere Basilika musste hingegen die Heiligkeit und dem Ruhm des himmlischen Lebens von Franziskus darstellen. Das war die Idee von Elia: Um die Größe von Franziskus zu vermitteln, musste die Basilika selbst kommunizieren. Ein Gläubiger, selbst ein Analphabet, musste den Hl. Franziskus sowie sein Leben und seine Werte sowohl anhand der von der Architektur geschaffenen Atmosphären wie auch anhand der von den Bildern und Dekorationen sowie von der Fröhlichkeit der Farben ausgehenden Botschaften erkennen.

Aber das ist noch nicht alles: Zwischen der unteren und der oberen Basilika befindet sich ein weiterer Übergang, jener der Malerei. Dort bietet sich die Gelegenheit mit nur einem Blick einen epochalen Übergang in der Kunst zu entdecken – vom griechisch-byzantinischen Stil mit orientalischen Einflüssen und Akzenten hin zum typisch italienischen Stil, mit dem die Genies dieses Landes eines der wichtigsten kulturellen Produkte der Geschichte wahrnehmen konnten: die Renaissance.

Aus diesem Grund folgen wir beim Besichtigen der unteren Basilika der Idee von Elia. Die Fresken am einzigen Schiff sind wie bereits erwähnt die ältesten Fresken und starz von der byzantinischen Malerei beeinflusst, was am statischen Charakter, bei dem die Figuren weniger realistisch und symbolisch erscheinen, zu erkennen ist. An den Deckensegeln sind tatsächlich viele Fresken mit blauem Hintergrund und goldenen Sternen sowie mit geometrischen Mustern verzierte Rippen zu sehen. Im rechten Teil des Querschiffs ist eines der schönsten und ältesten Kunstwerke von Cimabue untergebracht: Madonna in trono con S. Francesco. Erzählungen zufolge war es derart schön, dass sich der Maler, der einige Jahrzehnte später mit dem Nachmalen beauftragt wurde, weigerte, das Kunstwerk zu übermalen. Und dies war ein großes Glück, denn auf diesem Kunstwerk ist das orginalgetreueste Bild vom Hl. Franziskus zu sehen. Es entspricht genauestens den Beschreibungen seines Erscheinungsbildes, das uns seine Altersgenossen hinterließen. Zwischen den Szenen an der Rückwand, an der sich der Bogen öffnet, über den man zur Cappella di S. Nicola (Kapelle zum Hl. Nikolaus) gelangt, befinden sich einige Fresken, die den Wundern des Hl. Franziskus gewidmet sind. Auf einem Fresko ist ein eingestürzter Palast zu sehen und es ist dem Wunder „Miracolo del fanciullo di Suessa“ gewidmet, bei dem ein Kind unter den Trümmern starb und wieder zum Leben erweckt wurde, als die Mutter Franziskus um Hilfe anflehte. Das von der Bottega di Giotto gemalte Fresko soll auch Dante und Giotto selbst enthalten, der links neben der verzweifelten und weinenden Menschenmenge mit der Hand an der Stirn dargestellt ist, enthalten. Im linken Teil des Querschiffs sind einige Fresken anderer prestigeträchtiger Künstler wie Pietro Lorenzetti mit seiner großartigen Crocifissione (Kreuzigung) zu finden.

Zurück im Hauptschiff ist an der linken Seite eine der schönsten Kapellen der Kirche, nämlich die Kapelle zum Hl. Martin, vorzufinden, die zur Gänze mit Fresken von Simone Martini gestaltet ist. Er war ein Meister der Schule von Siena sowie einer der Wenigen, die mit Giotto um den Titel des besten Malers ihrer Zeit rivalisierten. Auf seinen Fresken ist eine raffinierte und treue Reproduktion der Stile und der Gewänder der Aristokraten und Ritter aus dem 14. Jahrhundert zu sehen. Das Reliquiar am Hochaltar enthält die Rippen von Giovanni Battista und wurde auf den Willen von Papst Innozenz IV. dort untergebracht. Vom linken Querschiff aus gelangt man in die verborgene Sakristei, in der sich unter vielen Reliquien auch das originale Schriftstück zur Freigabe der Regel, das von Honorius III. im Jahr 1223 erlassen wurde, sowie einige persönliche Gegenstände von Franziskus wie etwa Kleider, befindet. Über die Treppe links im Schiff gelangt man in den majestätischen Kreuzgang von Sixtus IV., der häufig Ausstellungen und Veranstaltungen beherbergt. In der Mitte des Schiffs gelangt man über die Treppe rechts hingegen in die Krypta.

Die heutige Kapelle der Krypta wurde zwischen 1925 und 1932 errichtet. Das Grabmal enthält die originale Urne, in der Elia die sterblichen Überreste von Franziskus unterbrachte. Hier sind auch vier treue Schüler des Heiligen begraben: Rufino, Leone, Masseo und Angelo. Die Atmosphäre und das Gefühl, das man unabhängig vom Glauben beim Anblick des Grabmals des Heiligen erlebt, ist unbeschreiblich. Eine Beschreibung wäre sinnlos und auch unmöglich.

Beim Hinaufgehen in die obere Basilika können die schönsten Fresken von Cimabue bestaunt werden, darunter die Crocifissione (Kreuzigung), im linken Teil des Querschiffs. Leider sind die Fresken aufgrund der Oxidation der Farbe Bleiweiß geschwärzt, sodass quasi der Effekt eines Negativs von einem Foto entstanden ist. Trotzdem ist die großartige belehrende Wirkung des Themas deutlich zu erkennen. Giorgio Vasari, einer der wichtigsten italienischen Kunsthistoriker, erklärt sehr gut, wie die Fresken vor der Oxidation ausgesehen haben könnten: „Das wirklich großartige und reiche und ausgezeichnet ausgeführte Kunstwerk muss meiner Einschätzung nach die Welt in Staunen versetzt haben […] und als ich es 1563 sehe erscheint es mir wunderschön und ich glaube, dass ich an vielen dunklen Stellen Cimabue aufleuchten sehen kann“.

Unter den Lehrlingen, die Cimabue beim Bemalen der Basilika unterstützten, war ein gewisser Ambrogio di Bondone, der auch Giotto genannt wurde. Er wurde wenig später zum Sinnbild eines Schülers, dessen Kenntnisse besser waren als jene des Meisters. Er wird von vielen als einer der Väter der Renaissance angesehen. Die Meisterhaftigkeit und Innovation, über die er im Gegensatz zu seinen Vorgängern verfügte, ist in den Fresken der Basilika und insbesondere im Freskenzyklus von den Geschichten des Hl. Franziskus, der den unteren Bereich des Schiffs bedeckt, so deutlich wie sonst nie zu erkennen. Wir empfehlen Ihnen einen etwas längeren Augenblick vor der Szene der berühmten „Vogelpredigt“ zu verweilen und anschließend zur „Bestätigung der Regel“ überzugehen, die von dem Moment berichtet, in dem Franziskus die Regeln des von ihm gegründeten Ordens an Papst Innozenz III. übergibt. Der Maler aus Florenz wurde von der Kurie dazu gezwungen das Gemälde im letzten Augenblick zu ändern und Franziskus kniend und nicht stehend darzustellen. So groß die Revolution, die der Arme anführte, auch war, musste sie trotzdem unterliegen und keine Zweifel an der Macht der Kirche offen lassen; darauf folgt die „Presepe di Greccio“, die von der Geschichte der ersten Krippe der Welt erzählt, die von Franziskus geschaffen wurde. Sehen Sie sich die Ordensbrüder, die im Chor singen, genau an: Zum allerersten Mal in der Geschichte der Malerei sind die Zähne einer Person zu sehen. Begeben Sie sich danach zum oberen Bereich des linken Teils des Schiffs, wo Giotto die „Deposizione dalla Croce“(Kreuzabnahme) gemalt hat. Achten Sie die Ausdruckskraft der erstunten und verzweifelten Gesichter, die den wehrlosen Körper von Christus sehen, und vergleichen Sie sie mit der Ausdruckskraft der von Cimabue gemalten Gesichter. Um die Idee etwas zu verdeutlichen: Für einen Gläubigen im 14. Jahrhundert war das Betreten der Basilika und der Anblick der Fresken von Giotto ähnlich wie heute eine Kirche zu betreten und zu beobachten, wie sich die Bilder wie Hologramme von der Wand lösen und durch die Kirch spazieren. Kein Bild kam der Realität näher als diese Fresken.

 

Ebenfalls von der Basilika aus gelangt man in das Sacro Convento, das gleich hoch wie die untere Basilika liegt und die Papstresidenz beherbergt. Das Gebäude, das auch als Festung genutzt wurde, wirkt solide und schwer. Durch die kontinuierlichen Arbeiten zur Erweiterung, die im Lauf der Jahre ausgeführt wurden, musste man zu den ursprünglichen Außenmaßen zurückkehren. Aus diesem Grund wurden die majestätischen 53 Stützbögen errichtet, deren Bau im Jahr 1300 begann und die ein Jahrhundert später fertiggestellt wurden, Sie sind schon aus mehreren Kilometern Entfernung zu erkennen. Im Inneren der Papstresidenz befindet sich auch das Museo del Tesoro, eine bedeutende Sammlung aus sakralen Kunststücken und Goldschmiedearbeiten aus dem Mittelalter, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts auf den Willen von Papst Gregor IX. entstand. Hier werden einige der schönsten und wertvollsten Gegenstände, die dem Franziskanerorden im Lauf der Zeit geschenkt wurden, aufbewahrt, darunter der Kelch Calice di Guccio di Mannaia, heilige Mess- und Gebetsbücher sowie die Kollektion Perkins, ein Geschenk des Kunsthistorikers Frederick M. Perkins aus den 50er-Jahren, in der die wunderschönen bemalten Tafeln von  Pietro Lorenzetti, Lorenzo Monaco und Sassetta enthalten sind.

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